Meisterunternehmer sind erfolgreicher

Meisterunternehmer sind erfolgreicher

aber: Rückgang an Meistergründungen im zulassungsfreien Handwerk mindert Nachhaltigkeit von Beschäftigung und Ausbildung in diesem Segment.

Handwerksunternehmen im sogenannten „Vollhandwerk“, jenen 42 Berufen, die zur Gründung die Meisterpflicht oder eine vergleichbare Qualifikation des Betriebsgründers voraussetzen, sind deutlich bestandsfester als Betriebe in den sog. zulassungsfreien Gewerken.

67 Prozent der im Jahre 2008 durch Meisterinnen und Meistern in der Handwerksrolle der Handwerkskammer Düsseldorf eingetragenen Firmen existieren auch heute noch. In der Berufsgruppe der 53 zulassungsfreien Handwerksberufe (u.a. Fliesenleger, Raumausstatter, Schuhmacher, Gebäudereiniger oder Buchbinder) behaupten sich Meister ähnlich gut: hier operieren 64 % der Gründer mit Großem Befähigungsnachweis weiterhin am Markt.

„Allerdings gehen in beiden Segmenten die Meistergründungen zurück“, beklagte der Präsident der Kammer, Andreas Ehlert, am Mittwoch vor Journalisten in Düsseldorf. So gründeten in 2008 1281 und damit 269 weniger qualifizierte Handwerker eine Existenz in unternehmerischer Selbstständigkeit in einem der 42 Vollhandwerks-Berufe als noch ein Jahr zuvor; in 2012 waren es nur noch 1171. Noch gravierender der Qualifikationsverfall in den zulassungsfreien Berufen. Landesweit wiesen im Jahr 2013 nur noch 4,7 Prozent der Handwerks-Gründer eine fachlich-kaufmännische Vorqualifikation nach, weniger als die Hälfte von ihnen den Meisterbrief. Vor zehn Jahren waren es immerhin noch doppelt so viele gewesen. Während die jährliche Fluktuation bei Gründungen und Übernahmen durch Meister landesweit in den letzten 10 Jahren stabil bei 15 Prozent liegt, pendelt die Fluktuationsquote im Segment des zulassungsfreien Gewerbe seit 2004, dem Zeitpunkt der Teilöffnung der Handwerksordnung für unqualifizierte Gründer, dagegen um die vierzig Prozent – jährlich.

Präsident Andreas Ehlert stellte die Daten und Analysen zur „Stabilitätsdividende“ der Meisterqualifikation am Mittwoch allerdings noch aus einem anderen Grund der Öffentlichkeit vor. Denn die leicht rückläufige Bereitschaft zu qualifizierter Existenzgründung ist nicht die einzige Sorge der Handwerkskammer auf dem Gebiet des qualifikationsgebundenen Gewerbezugangs. Die Voraussetzungen für unternehmerische Selbstständigkeit in der Wirtschaft – so auch im Vollhandwerk – stehen derzeit auch auf dem Prüfstand der EU-Kommission. Und am Sonntag sind Europawahlen. „Brüssel erkennt in qualifikationsgebundenen Berufszugängen ein Hemmnis für den ungehinderten Marktzutritt von Arbeitslosen“, informierte Ehlert zum Hintergrund der Sonderauswertung, und forderte: „Die Europäische Gemeinschaft hat die bewährte Qualifizierungskultur in Deutschland nicht infrage zu stellen!“

Die stabilsten Firmenneugründungen und -übernahmen kommen gemäß der Strukturanalyse der Daten der Handwerksrolle der HWK übrigens im Lebensmittelhandwerk (Bäcker, Fleischer, Konditoren, Braubetriebe) und im Kraftfahrzeuggewerbe zustande. Aber auch die neu eingetragenen Metall- und Elektrobetriebe in der für den gewerblichen Bedarf tätigen Branchengruppe und die Ausbaugewerbe erwiesen sich als überdurchschnittlich lebensfähig. Dagegen mussten junge Betriebe des Bauhauptgewerbes im Beobachtungszeitraum überproportional häufig die Segel wieder streichen.

Meisterfirmen binden gegenüber Betrieben mit geringer qualifizierten Inhabern außerdem merklich mehr Beschäftigung. Die Handwerkskammer hat dies anhand einer Sonderauswertung für das Jahr der jüngsten Handwerkszählung (2010) für den Wirtschaftssektor NRW-weit berechnet. Danach waren in den 111.530 Unternehmen der Handwerksrolle A (Meisterpflicht oder vergleichbare Qualifikation) rd. siebeneinhalb Beschäftigte je Firma tätig. Die Unternehmen im Handwerkerverzeichnis für die zulassungsfreien Branchen (die allerdings ebenfalls noch einen – kontinuierlich sinkenden – Anteil an meistergeführten Unternehmen enthalten) zählten im Schnitt 6,2 Mitarbeiter – 17 Prozent weniger. Die handwerksähnlich betriebenen Firmen, deren Branchen ausbildungsfrei sind, geben gar nur 1,8 Beschäftigten Arbeit. Die Landesgewerbeförderungsstelle Handwerk hat ferner errechnet, dass Unternehmensneugründungen und Firmenübernahmen durch Jungmeister, die von einem Einmal-Zuschuss des Landes, der „Meistergründungsprämie“ (nicht rückzahlbar, 7.500 €), profitieren, binnen 5 Jahren im Schnitt knapp 5 Arbeitsplätze schaffen. Rund jeder dritte Meister-Gründer erfüllt die Fördervoraussetzungen und erhält die Prämie. Auch hat fast jeder Empfänger dieser Subvention einen Ausbildungsplatz geschaffen.

Stichwort Ausbildungsleistung: Auch hier zeigen sich zwischen dem Meister- und dem Nicht-Meisterhandwerk auf Landesebene beträchtliche Unterschiede. Die sekundärstatistische Analyse der Kammer ermittelte seit 2000 einen (im Wesentlichen demografisch bedingten) Rückgang der Lehrlingszahlen. Während die Zahl der Auszubildenden im meister- bzw. zulassungspflichtigen Handwerk heute immerhin noch 74 Prozent des Niveaus von vor vierzehn Jahren hält, sank die Ausbildungsleistung im zulassungsfreien Bereich auf 65 Prozent.

„Wir benötigen mit Blick auf den Erhalt der Qualifizierungskette und einer ausreichenden Versorgung mit Fachkräften, Meistern und qualifizierten Gründern gerade auch in den von der Politik zulassungsfrei gestellten Handwerksberufen eine konzertierte, nachhaltige Aufklärungskampagne und Werbeoffensive im Rahmen der Gründungsoffensive NRW – gemeinsam mit dem Schul- und dem Wirtschaftsministerium“, folgerte Ehlert aus der Gesamtentwicklung im handwerklichen Gründungssektor.